Ich weiß nicht mehr, was der genaue Anlaß dazu war, aber vor ein paar Wochen brauchte ich dringen Apfelmus. Nun, das ist normalerweise kein besonderes Problem, doch im Trend der Wiederverwertbarkeit von Verpackungsmaterial kann sich ein solches daraus entwickeln.
Zuerst konnte ich im Laden an der Ecke – in unserem Fall einem Supermarkt – keinen Apfelmus entdecken. Nach längerer Suche konsultierte ich eine der raren Verkäuferinnen und fand das Gesuchte. Ich merkte auch, warum ich es ohne Anleitung nicht selbst entdecken konnte: Ich suchte nach den seit ich denken kann benutzten Gläsern mit dem köstlichen grün-gelben Inhalt. Diese Gläser werden aber von einigen Firmen seit geraumer Zeit nicht mehr benutzt.
Nein, heutzutage müssen Verpackung entweder in Form von Pfandflaschen oder weichen Einwegverpackungen gestaltet sein; wer sich nicht daran hält, macht sich strafbar.
Der Apfelmus war tatsächlich in der gesetzlich vorgeschriebenen Verpackung verpackt: Er befand sich in einem jener Kartons, in denen man sonst beispielsweise Milch anbietet. Zunächst wußte ich nicht recht, was ich davon halten sollte. Milch in Kartons war mir ja schon seit Jahren vertraut, auch Fruchtsäfte und Kakao stehen oft kartonverpackt in meinem Kühlschrank. Aber Apfelmus…? Selbst, als ich einmal Wein in einer solchen Verpackung sah, hielt ich es zunächst für einen Werbegag. Aber Apfelmus…?
Zu Hause nahm ich das Gekaufte genauer unter die Lupe.
„Apfelmus“ stand darauf, groß und breit, wie auch nicht anders zu erwarten. „710 Gramm“. Dann noch eine Auflistung von Stoffen, die man in der Masse finden kann, wenn man die Muße hat, danach zu suchen, der Name und die Anschrift des Herstellers und eine ausführliche Anleitung, wie man die Verpackung ordnungsgemäß zu öffnen hat.
Nach gründlichem Studium der Anleitung machte ich mich mit der darin vorgeschriebenen starken Schere an die Packung heran. Ich scnitt – gemäß der Anleitung – die obere Kante des Kartons parallel zum darunter verlaufenden Knick ab und legte so den Apfelmus frei.
Ein Duft strömte mir entgegen, der Erinnerungen an vergangene Jahre wieder wachrief. Erinnerungen an unbeschwerte Kinderjahre ohne Notendruck oder Tarifrunden und mit Apfelmus in Gläsern. Es waren Erinnerungen an eine anscheinend längst vergangene Zeit, in der man schon durch das Glas hindurch den appetitlichen Apfelmus sehen konnte; in der man nicht auf den Vierfarbdruck auf einem Karton angewiesen war, um sich dessen Inhalt vorzustellen.
Nun, ich entnahm der Verpackung eine Portion und wollte den verbliebenen Inhalt wieder in den Kühlschrank stellen, als ich entsetzt bemerkte, daß man den Karton nicht wieder verschließen konnte!
So war das also! Mit Hilfe dieser Verpackung wollte man den Verbraucher zu einem erhöhten Apfelmusverzehr zwingen, indem man ihn in nicht wiederverschließbaren Verpackungen anbot! Denn wenn man den Apfelmus unverschlossen im Kühlschrank aufbewahrt, wird er zweifellos schneller schlecht, als wenn man ihn verschlossen wegstellen kann. Und um ein Verkommen der Vorräte zu verhindern, muß man notgedrungen den ganzen Inhalt der Packung auf einmal verzehren oder aber in Kauf nehmen, daß der Rest schlecht wird, bevor man Appetit darauf bekommt. Wie man auch handelt: Es bleibt immer ein erhöhter Verbrauch an Apfelmus die Folge, der den Apfelmusproduzenten erhöhte Umsätze beschert.
„So etwas“, sagte ich mir, „mache ich nicht mit! Nicht nur, daß man den Kindern mit der neuen Verpackung das erregende Gefühl stiehlt, das man hat, wenn man ohne Erlaubnis – heimlich – mit dem großen Löffel aus dem Apfelmusglas nascht, nein, man zwingt den Verbraucher auch noch zu einem höheren Apfelmuskonsum und beraubt ihn damit der Freiheit, zu wählen, wann und wieviel er von diesem köstlichen Gericht zu sich nehmen möchte.“#
Ich fragte mich, ob der Minister, der dieses Gesetz veranlaßt hatte, vielleicht zufällig Teilhaber einer Apfelmusfabrik ist; vielleicht sogar der Fabrik, deren Prodkut ich gerade in den Fingern hielt…
Wie dem auch sei, ich beschloß, auf abssehbare Zeit keinen Apfelmus mehr zu mir zu nehmen, trat also in eine Art selektiven Hungerstreik. Dann ging ich in den Laden an der Ecke, um mir stattdessen ein Glas Pflaumenmus zu kaufen.
Pah! Ich habe die Verwobenheit von Industrie und Politik durchschaut. Mir macht keiner was vor, mir nicht!
Im Laden angekommen konnte ich zunächst keines der mir schon seit ich denken kann bekannten Gläser mit dem köstlichen, dunklen Inhalt finden, aber mit Hilfe der mir schon bekannten Verkäuferin fand ich Pflaumenmus. Zwar kein Glas, sondern einen der neumodischen Kartons, aber egal. Hauptsache Pflaumenmus.
Der Apfelmusindustrie werden wir es schon zeigen!#
One comment
Kommentar by Falko on 29. Januar 2011 at 23:23
Hallo, ich bin mal so frei und schreibe was im Blog. Sieht toll aus! Ich benutze auch seit kurzem WordPress einige Sachen sind mit aber noch fremd. Deine Seite ist mir da immer eine grosse Motivation. Danke!