Diesen Samstag erlebte ich eine Episode der Kategorie „Der Unterschied zwischen virtueller und echter Realtät“ – oder „Menschen sind in Wirklichkeit anders als auf Fotos“ …
Kopfüber renne ich in den neuen Lebensabschnitt. Man könnte auch sagen kopflos. Gerade getrennt- und schon will ich das Single-Dasein auskosten. Das ganz krasse Date hab ich mit Muffensausen abgesagt, stattdessen bin ich doch glatt meinem Gefühl gefolgt- und es gab mir tatsächlich Recht. Gute Entscheidung.
Der Kerl macht Spaß. War schon beim Schreiben so.
Und dann steh ich vor seiner Tür und er öffnet und das erste was ich denke, „hey, ich dachte, der ist größer“…Egal, hereinspaziert, und nach dem ersten Umschauen in der fremden Bude erkenne ich einen einigermaßen guten Geschmack. Kerzen, stimmungsvoll nett, sogar gekocht hat er, und extra gewartet auf mich….ich bin sprachlos. Wie gut, dass ich eben erst einen üppigen Rinderbraten hatte… Ich hatte angenommen, ich besuche hier jemand, der krankgeschrieben ist, mit ständigen Kopfschmerzen….und ner Menge Medikamenten.
Auf ein Rendezvous war ich nun echt nicht eingestellt, eher auf einen entspannt lustigen Abend- Scheiße, warum bin ich nicht präpariert!?! In Gedanken verfluche ich mich, weil ich am Morgen zwar geduscht, mich jedoch nicht einem Date entsprechend zurechtgemacht habe. Na prima, das kann ja heiter werden. Reiß Dich zusammen, Du steigst nicht mit ihm in die Kiste, da macht der Wildwuchs an Achsel, Scham und Beinen doch gar nix. Heureka! Gut, das man sich so geil selber belügen kann. Für den Moment hilft´s zumindest.
Jedoch zunächst einmal diese bekloppte Unsicherheit abgelegt!! Ich grinse viel und versuche, meinen Charme wachzurütteln. Gelingt nur mäßig. Komme mir blöd vor, bin tollpatschiger als normal. Warum nur? Noch ein Glas Wein, der hat leider auch nicht den üblichen Effekt.
Ich erwische mich, wie ich ihm auf den Hintern glotze. Was ist denn nur los mit mir!? Will ich einen guten Eindruck machen?! Ist das nicht herzlich egal?! Wir hatten echt ne schöne Zeit per Messenger, ich musste öfter mal Schmunzeln, hab ein paarmal sogar inbrünstig gelacht; Humor ist immer die beste Voraussetzung, dass mir ein Mann gefallen könnte. Jedoch war der Eindruck über´s Tippen eben nur ein winziger Ausblick auf den Menschen. Ich so hab mir da wirklich nur ein kleines Bild machen können.
Weiter geht´s. Nach einem Probierteller UND nem Schokopudding als Dessert ( oha, sogar an meine Vorliebe für Zartbitter hat er gedacht!! Pluspunkte- sag ich da nur ) gibt es einen fatalen Espresso. Ich kündige bereits jetzt meine Schlaflosigkeit an, weil ich soviel Koffein nicht gewohnt bin. Bin ich dämlich!!
Wir werden uns schnell einig, dass wir einen Film anschauen werden. Da ich die Wahl habe, soll es ein Werk von Mel Gibson sein.
Gemütliche Couch, süße Puschelkatze, angenehme Atmosphäre, genieß es doch einfach!
Tu ich ja.
Tu ich wirklich.
Was folgt entzieht sich völlig meiner Planung.
Klar war ja, dass ich bei ihm nächtigen werde. Nach der obligatorischen Zahnbürste hatte ich ja bereits gefragt. Und auch das mit dem Frühstück war klar. Meine eigenen Sachen hatte ich ja nicht dabei, was auch zu der Kette der Ereignisse gehörte, die ich irgendwann im Laufe der Tages in Gang gesetzt hatte. Und so steht mir der flauschige Riesenpyjama einfach göttlich. Was kann denn sonst noch schiefgehen!?
Ich Sumpfhuhn. Schließlich kommt doch immer alles anders, was bilde ich mir eigentlich ein!?!
Wir gehen nach Abbruch des zweiten Films ( zwei Uhr oder so ) ins Bettchen, er pennte schon fast auf der Couch weg. Verdammt, ein Schnarcher.
Aber mit einem gemütlichen großen Bett. Die erste Stunde liege ich wach und lausche andächtig dem mächtigen Gesäge. Nun kommt der Espresso wieder zum Einsatz. Lass mich doch schlafen, nein, so einfach geht das nicht. So muss ich ihn ständig daran erinnern, dass er ein durchdringendes Schnarchgeräusch erzeugt. Irgendwann liegt sein Arm über mir. Startschuss. Mein Kopfkino jst eh schon mittendrin. Was ich dann so lustig und erfrischend fand war seine Aussage bzw Frage, warum er auch er nicht so recht zum Schlafen käme oder so ähnlich, ich sag, ich weiß es nicht. Er fragt, ob ich auch nicht lüge. Ich sag, keine Ahnung, was da grad passiert. Und dann nuschelt er irgendwas und küsst mich. Ich denk nur noch, warum haben wir das nicht gleich gemacht?!
Zum guten Schluss kommt der Teil, in dem ich mir sage, hey, den haste komplett falsch eingeschätzt: ein richtiger Frauenschwarm mit nem gesunden Selbstbewußtsein ( klar, Italiener – macht sich sogar Gedanken über sein Outfit!!), bei den vielen weiblichen Buddies, die er mir im VZ erklärt, und haufenweise Dating-Anfragen und Nachrichten… Beruhigend ist das. Bringt mich wieder auf den Boden. Und es lässt ein Raum für ein weiteres Abenteuer. Oder ein Neues!? Egal, schön war et!! Basta.

Als bitterer Nachgeschmack des Ganzen bleibt, da ich zwei Wochen erst später ( an meinem Geburtstag! ) erfahre, dass er eine Freundin hat ( wobei die widersprüchlichen Angaben bezüglich seines Singlestatus nie gänzlich geklärt waren ).
Arschkeks