„Ach, Sie haben auch Ihr Kind zur Schule gebracht?“

„Ja, sonst geht die Kleine allein, aber heute musste ich in diese Richtung.“

„Wissen Sie, dieses Jahr sind wir ja wirklich vom Pech verfolgt“, sagte sie. „Das ganze Jahr, immer wieder Unglück, furchtbar.“

„O, Sie ärmste. Was ist denn passiert?“ fragte ihre Gesprächspartnerin mit ernstem Gesichtsausdruck.

„Ostern musste mein Mann arbeiten und ich hatte diese Fortbildung. Diesen Sommer waren wir auch nur eine Woche weg, wir sind nach Venedig geflogen.“

Sie schlürfte ihren Latte Macchiato.

„Und solche Städtereisen“, setzte sie fort, „die bringen ja gar keine Erholung. All die Kultur und die Verpflichtungen.“

„O je“ antwortete die andere Frau, auf die Katastrophe wartend.

„Und dann hatten wir für die Herbstferien ja zwei Wochen auf den Keys gebucht.“

Sie sah in ein fragendes Gesicht.

„Die Keys. Florida Keys. Wo der Hurricane war. Da steht ja kein Stein mehr auf dem anderen. Furchtbar, all die Verluste. Aber mein Mann ist ja Anwalt und hat uns aus dem Reisevertrag rausbekommen.“

„Ah, ja?“

Ihre Gesprächspartnerin wurde zusehends irritierter.

„Wir haben dann die Bahamas gebucht“ sagte sie mit bedeutungsschwangerem Gesichtsausdruck.

„Und?“

„Maria. Haben Sie das nicht mitbekommen? Der Hurricane Maria. Ich guck schon stündlich den Wetterbericht, damit wir rechtzeitig aus dem Vertrag rauskommen, wenn es zu schlimm wird.“

„Das ist ja alles furchtbar.“ sagte ihre Gesprächspartnerin. „Ich bewundere aber, wie kämpferisch sie damit umgehen. Andere wären depressiv geworden, aber ich muss jetzt weiter, viel Glück mit dem Urlaub.“

Sie verließ das Café, stieg in ihren Kleinwagen und fuhr ins Hospiz, um nach ihrer Schwester zu sehen.